Überfällige Forderung
Interview mit dem Vorstand Reinhard Beyer und dem operativen Geschäftsführer Michael Pinto
Reinhard (RB), Du hast einen sehr aufrüttelnden Brief an
die Volumenkunden adressiert. Welche Reaktionen gab es seitens der Steuer auf
die Forderung nach höheren Stundenverrechnungssätzen?
RB: Mehr als das, was veröffentlicht wurde, ist auch bislang nicht dabei herausgekommen.
Die Corona-Maßnahmen der HUK werden verlängert und es besteht der Gedanke sie
im Bedarfsfall auszuweiten, wozu aus unserer Sicht unter anderem die
Desinfektionsmaßnahmen gehören. Was aus meiner Sicht hier noch dazugehört, ist
der Umgang mit der eventuell niedrigeren Vermittlungsquote, hierbei gäbe es im
nächsten Jahr einen Strafzuschlag, wenn das absehbar ist, dann könnte der
bereits im Vorfeld ausgezahlt werden in diesem Jahr.
Wie waren die Reaktionen auf den Brief? Wer hat mit wem
das Gespräch gesucht? Was ist passiert?
RB: Ich habe von mir aus die Gespräche mit den Entscheidern von SPN, Allianz,
Innovation Group AG und Flotte, HUK, Riparo, DMS und DEVK gesucht.
Wie war die Stimmung in den Gesprächen?
RB: Die Stimmung in den Gesprächen war gut bis sehr gut, meint nach wie vor
freundschaftlich und verständnisvoll. Aber der Tenor war auch, dass die
Entscheider schon alles Mögliche tun und nicht mehr tun können und wollen. Erst
wenn die anderen Player am Markt etwas tun, sind sie jeweils auch bereit etwas
zu tun.
Wurden Gespräche geführt mit Versicherungen, die über die
Innovation Group steuern?
RB: Mit der AXA und der R+V haben wir gesprochen. Diese Versicherungen verweisen
natürlich an die Innovation Group, dass die Betriebe das mit ihr klären müssen.
Klar reden diese Versicherungen mit uns und gehen in die Diskussion, aber am
Ende des Tages wird wieder die Innovation Group unser Ansprechpartner sein. Das
heißt, wir müssen beides vorantreiben und sowohl die Innovation Group als auch
die Versicherer mit ins Boot nehmen und versuchen beides in Einklang zu
bringen.
Wie reagieren die Mitglieder auf die Forderungen und wie wird
der BVdP dadurch positioniert?
RB:Fakt ist, dass die Betriebe die Forderung ernst nehmen und dass
die Corona-Pandemie zu einem massiven Auftragseinbruch geführt hat. Dies ist
der Anlass, um darüber zu reden, dass die Betriebe einen höheren SVS bekommen
müssen, um die Verluste zu kompensieren. Die Corona-Pandemie verschärft die
Situation, die es bereits vor der Pandemie gegeben hat. Berücksichtigen müssen
die Betriebe dabei, dass zu diesem Zeitpunkt die Versicherungen öffentlich darüber
sprechen, den Versicherungsnehmern Prämien zurückzuzahlen.
Gab es Kritik von denen, an die der Brief adressiert war?
RB: Kritik ist nicht direkt angekommen und durchgedrungen.
MP: Eine erste Reaktion von Leaseplan war eher ablehnend. Hier haben wir das
persönliche Gespräch gesucht und Verständnis geerntet. Wir werden weiter in dem
Gespräch auf Augenhöhe bleiben.
Gab es Kritik von den Mitgliedern?
RB: Vereinzelt bemängeln Mitglieder, dass es jetzt der falsche Zeitpunkt
ist. Im Rahmen der Krise und in Zeiten einer Pandemie, ist es der falsche
Zeitpunkt. Die Betriebe müssen verstehen, dass wir auf diesen Zug aufspringen,
wenn wir etwas verändern wollen.
MP: Jetzt muss und kann nur der Verband etwas tun. Ein Betrieb kann und wird
zum aktuellen Zeitpunkt aus Angst Aufträge an den Mitbewerber zu verlieren,
keine Forderungen stellen. Wir müssen es schaffen, die Betriebe zu
sensibilisieren und sie dazu zu bringen wirklich einmal auszurechen, welchen
Stundenverrechnungssatz sie brauchen. Wir müssen ein Bewusstsein schaffen und
in Zahlen zeigen, was jeder einzelne Betrieb tatsächlich braucht und fordern
sollte.
Wie geht’s nach der Pandemie weiter? Wird es einen
Verhandlungsmarathon mit allen Entscheiden geben? Und welche Aufgabe haben die
Mitglieder?
RB: Der BVdP kann den Weg für die Verhandlungen vorbereiten. Dann haben die
Betriebe die Aufgabe, das für sich auch in ihren Verhandlungen umzusetzen. Der BVdP
wird weiter verhandeln und die Gespräche führen mit dem Tenor, dass die
Stundenverrechnungsätze erhöht werden.
MP: Die Betriebe haben auch die Aufgabe, nicht alles in einen Topf zu werfen. Sie
müssen ausrechen, mit welchem Kunden rentabel zusammengearbeitet werden kann,
und darüber hinaus prüfen, ob die Strategie des Volumenkunden zur betrieblichen
Strategie passt.
Wie haben Berufsverbände auf die Forderung reagiert?
RB: Die Verbände haben es sehr gut aufgenommen, dass jetzt für alle etwas
gemacht wird. Grundsätzlich ist das auch positiv aufgenommen worden. Wir haben
es geschafft, alle Verbände an einen virtuellen Tisch zu bekommen. Alle
Beteiligten setzen sich auseinander und kommen in eine förderliche Diskussion. Wir
haben ein gemeinsames Ziel: Mehr Geld besorgen für die Betriebe und gezielt
Bausteine platzieren für die gesamte Branche. Die Betriebe wünschen sich, dass
die Verbände eine Sprache sprechen.
Nach den Erfahrungen mit Deinem Brief: Würdest Du es
wieder tun?
RB: Der Brief war bei aller Sachlichkeit auch ein sehr persönliches
Anliegen und damit eine Entscheidung, die ich wieder treffen würde. Die
Forderung war überfällig. Dass Corona der Auslöser sein musste, ist tragisch
aber der Schritt war längst überfällig.